Die Anfänge der deutschen Regionalbahn reichen bis in die Zeit der Deutschen Reichsbahn zurück. In der Weimarer Republik wurde 1920 mit der Deutschen Reichsbahn erstmals ein einheitliches staatliches Eisenbahnunternehmen geschaffen, das ein landesweites Streckennetz betrieb. Nach dem Zweiten Weltkrieg teilte sich die Entwicklung: In Westdeutschland entstand 1949 die Deutsche Bundesbahn (DB), während in der DDR die Reichsbahn unter altem Namen weitergeführt wurde. Beide hatten die Aufgabe, zerstörte Strecken wieder aufzubauen und den Regionalverkehr neu zu organisieren.
Die Entwicklung der Regionalbahnen von der Deutschen Reichsbahn bis zur Deutschen Bahn
In den 1950er-Jahren setzte die DB auf leichte Dieseltriebwagen – etwa den Uerdinger Schienenbus – um ländliche Nebenstrecken kostengünstig zu bedienen. Auch die Reichsbahn in der DDR entwickelte kleine Dieseltriebwagen (Spitzname „Ferkeltaxe“) für den Nahverkehr. Bis in die 1970er-Jahre lösten Dieselzüge und Elektrifizierungen im Westen die Dampftraktion ab, während die DDR aus Mangel an Ressourcen teilweise länger Dampfloks auf Nebenbahnen einsetzte.
In den 1960er- und 70er-Jahren modernisierte die Bundesbahn ihren Regionalverkehr durch neue Waggons und verbesserte Taktfahrpläne. Silberling-Nahverkehrswagen aus Edelstahl (n-Wagen) wurden ab 1958 in großer Zahl beschafft und prägten viele Jahre die lokbespannten Regionalzüge. Gleichzeitig wurden unwirtschaftliche Strecken stillgelegt, doch auf vielen verbliebenen Nebenbahnen sicherten Schienenbusse weiterhin den Personentransport. In der DDR baute die Reichsbahn Doppeldecker-Nahverkehrswagen (ab den 1970ern) und modernisierte ältere Fahrzeuge, um trotz knapper Mittel einen Grundtakt im Regionalverkehr aufrechtzuerhalten.
In den 1980er-Jahren begann in Westdeutschland die nächste Innovationswelle: Die DB erprobte neue Dieseltriebwagen-Prototypen (Baureihe 628.0) und führte ab 1987 neue Produktbezeichnungen wie RegionalBahn (RB) und RegionalExpress (RE) für Nahverkehrszüge ein. Diese sollten moderne Fahrzeuge und dichte Taktfahrpläne kennzeichnen. Gegen Ende der 1980er ersetzten zweiteilige Dieseltriebwagen zunehmend die roten Schienenbusse, was Komfort und Kapazität verbesserte.
Mit der Wiedervereinigung 1990 und der Bahnreform 1994 vollzog sich ein tiefgreifender Wandel. Die Deutsche Bundesbahn und die Reichsbahn der DDR wurden 1994 zur neuen Deutschen Bahn AG (DB AG) fusioniert. Gleichzeitig trat das Regionalisierungsgesetz in Kraft: Die Bundesländer übernahmen die Verantwortung für den öffentlichen Regionalverkehr und bestellten nun Verkehrsleistungen in Eigenregie. Dieser Systemwechsel führte dazu, dass der Staat den Ländern zweckgebundene Regionalisierungsmittel zur Verfügung stellt, mit denen sie Nahverkehrszüge bei DB oder konkurrierenden Bahnen bestellen.
Die wichtigsten Baureihen im Regionalverkehr
Baureihe 628 – Einen Meilenstein für die Regionalzüge stellte die DB-Baureihe 628 dar – ein zweiteiliger Dieseltriebwagen, den die Deutsche Bundesbahn ab Mitte der 1980er-Jahre in großer Stückzahl einführte. Die ersten Prototypen (628.0) wurden 1974 erprobt, es folgten ab 1981 eine Kleinserie (628.1) und schließlich die Serienbaureihen 628.2 (ab 1987) und 628.4 (1992–1996). Insgesamt beschaffte die DB rund 460 Triebwagen dieses Typs.
Baureihe 650 (Regio-Shuttle RS1) – In den späten 1990er-Jahren läutete die Baureihe 650 eine neue Generation von Regionaltriebwagen ein. Der Regio-Shuttle RS1, entwickelt zunächst von ADtranz (später Stadler), ist ein einteiliger Dieseltriebwagen mit Niederflurtechnik. Sein markantes Erkennungsmerkmal sind die trapezförmigen Fensterrahmen.
Baureihe 642 (Siemens Desiro Classic) – Parallel zur Einführung des RS1 setzte die Deutsche Bahn um die Jahrtausendwende auch auf größere, leistungsstärkere Dieseltriebwagen. Die Baureihe 642, besser bekannt als Siemens Desiro Classic, ist ein zweiteiliger Dieseltriebzug, der ab 1998 gebaut wurde. Er entstand aus der Desiro-Fahrzeugplattform von Siemens Mobility und wurde für Regionen mit höherem Fahrgastaufkommen auf nichtelektrifizierten Strecken konzipiert.
Neben diesen drei Baureihen gibt es weitere wichtige Fahrzeuge im deutschen Regionalverkehr – von Elektrotriebzügen wie der Baureihe 425/426 über doppelstöckige Wendezüge bis hin zu neueren Dieseltriebwagen vom Typ LINT oder Talent. Doch die Baureihen 628, 650 und 642 stehen exemplarisch für zentrale Entwicklungsstufen: vom klassischen Dieseltriebwagen der 1980er (628) über den universellen Niederflur-Regio-Shuttle der 2000er (650) bis zum leistungsfähigen modernen Serienfahrzeug einer großen Industrieplattform (642 Desiro). Sie alle haben den Regionalverkehr verbessert und den Weg für heutige und zukünftige Innovationen bereitet.
Aktuelle Trends und Zukunft des Regionalverkehrs
Alternative Antriebe – Da rund 39 % des deutschen Schienennetzes nicht elektrifiziert sind, setzt die Bahn auf neue Technologien. Der Alstom Coradia iLint war der erste Wasserstoffzug im Fahrgastbetrieb und ist seit 2022 im regulären Einsatz. Die Deutsche Bahn testet außerdem den Siemens Mireo Plus H, der eine Reichweite von bis zu 1.200 km hat. Auch Batteriezüge, wie der Mireo Plus B, sind eine Alternative zu Dieseltriebwagen.
Digitalisierung des Schienenverkehrs – Bis 2030 soll 80 % des deutschen Schienennetzes digitalisiert werden. Durch die Einführung des europäischen Zugsteuerungssystems ETCS und digitaler Stellwerke können die Kapazitäten um bis zu 30 % gesteigert werden.
Politische Vorgaben und Zukunftspläne – Die Bundesregierung plant, bis 2030 75 % des Schienennetzes zu elektrifizieren. Gleichzeitig investieren die Bundesländer verstärkt in moderne Fahrzeuge, darunter wasserstoffbetriebene und batteriebetriebene Züge. Der Ausbau der Infrastruktur und neue Fahrplankonzepte wie der Deutschlandtakt sollen den Schienenverkehr attraktiver und effizienter machen.
Die kommenden Jahre werden entscheidend für die Weiterentwicklung des Regionalverkehrs in Deutschland sein. Mit neuen Fahrzeugen, digitaler Infrastruktur und klimapolitischen Maßnahmen soll die Bahn zu einem noch zuverlässigeren Verkehrsmittel werden.
Quellen:
Deutsche Bahn AG, Siemens Mobility, Alstom Deutschland