Die Schieneninfrastruktur Deutschlands steht vor einem umfassenden Wandel. Jahrzehntelange Vernachlässigung haben zu einem erheblichen Modernisierungsbedarf geführt. Nun unternimmt Deutschland entschlossene Schritte, um sein Bahnnetz zu erneuern und zukunftsfähig zu gestalten.
Aktueller Zustand der Schieneninfrastruktur
Das deutsche Schienennetz erstreckt sich über etwa 33.400 Kilometer und bildet das Rückgrat des Personen- und Güterverkehrs. Doch viele Streckenabschnitte sind veraltet und weisen einen hohen Sanierungsbedarf auf. Besonders betroffen sind stark frequentierte Korridore, die täglich von tausenden Zügen befahren werden. Die intensive Nutzung hat zu einer Überlastung und erhöhten Störanfälligkeit geführt.
Finanzielle Mittel und Investitionspläne
Um die dringend benötigte Modernisierung voranzutreiben, hat die Bundesregierung in den letzten Jahren die Investitionen in die Schieneninfrastruktur deutlich erhöht. Im Jahr 2023 wurden pro Kopf 115 Euro in das Schienennetz investiert. Trotz dieser Steigerung liegt Deutschland im europäischen Vergleich weiterhin zurück. Andere Länder investieren pro Kopf deutlich mehr in ihre Bahninfrastruktur.
Im Jahr 2024 plant die Deutsche Bahn, knapp 17 Milliarden Euro in die Infrastruktur zu investieren. Dies stellt eine Rekordsumme dar und zeigt das Engagement für die Modernisierung von Schienen, Bahnhöfen und weiteren Einrichtungen. Ziel ist es, die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des Zugverkehrs zu verbessern und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Generalsanierung hochbelasteter Strecken
Ein zentrales Element der Modernisierungsstrategie ist die Generalsanierung von stark frequentierten Streckenabschnitten. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Infrastruktur grundlegend zu erneuern und Engpässe zu beseitigen. Ein Pilotprojekt ist die Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim. Die Sanierung dieser Strecke begann im Juli 2024 und wurde im Dezember desselben Jahres abgeschlossen. Während der fünfmonatigen Vollsperrung wurden Gleise, Weichen und Leit- sowie Sicherungstechnik erneuert. Zudem wurden Lärmschutzwände errichtet und Bahnhöfe modernisiert.
Bis 2030 sollen insgesamt 40 weitere Streckenabschnitte einer solchen Generalsanierung unterzogen werden. Diese Maßnahmen sind notwendig, um den Sanierungsstau abzubauen und die Schieneninfrastruktur auf die steigenden Anforderungen des Verkehrs vorzubereiten.
Digitalisierung des Schienennetzes
Neben der physischen Erneuerung spielt die Digitalisierung eine entscheidende Rolle bei der Modernisierung der Bahn. Die Deutsche Bahn hat Verträge mit mehreren Unternehmen abgeschlossen, um die Digitalisierung des Schienennetzes voranzutreiben. Etwa 6,3 Milliarden Euro sind für die Modernisierung der Stellwerkstechnik und die Implementierung des Europäischen Zugbeeinflussungssystems (ETCS) vorgesehen. Diese Technologien sollen die Effizienz und Sicherheit des Bahnverkehrs erhöhen.
Das Programm "Digitale Schiene Deutschland" zielt darauf ab, das gesamte Streckennetz bis 2040 mit digitalen Stellwerken und ETCS auszurüsten. Durch diese Maßnahmen wird erwartet, dass die Kapazität des Netzes um bis zu 20 Prozent steigt und gleichzeitig die Betriebskosten gesenkt werden.
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV)
Die Finanzierung der Schieneninfrastruktur erfolgt maßgeblich über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn. Die dritte Auflage dieser Vereinbarung, die LuFV III, wurde im Januar 2020 unterzeichnet und sieht bis 2030 Investitionen von insgesamt 86 Milliarden Euro vor. Davon trägt der Bund 62 Milliarden Euro, während die Deutsche Bahn 24 Milliarden Euro aus Eigenmitteln beisteuert.
Diese Mittel sind für die Instandhaltung und den Ersatz von Infrastrukturkomponenten wie Gleise, Weichen, Brücken und Stellwerke vorgesehen. Ziel ist es, die Qualität und Verfügbarkeit des Schienennetzes nachhaltig zu verbessern.
Zusätzliche Finanzierungsquellen
Um den steigenden Investitionsbedarf zu decken, hat die Bundesregierung beschlossen, bis zu 45 Milliarden Euro zusätzlich bis 2027 bereitzustellen. Diese Mittel sollen vorrangig aus den Einnahmen der Lkw-Maut stammen und in die Schieneninfrastruktur fließen. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Bahn für die Verkehrswende und den Klimaschutz.
Herausforderungen und Ausblick
Trotz der umfangreichen Investitionen stehen noch zahlreiche Herausforderungen bevor. Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Deutscher Bahn und der Bauindustrie. Zudem müssen während der Bauphasen Lösungen gefunden werden, um den laufenden Betrieb so wenig wie möglich zu beeinträchtigen.
Die Modernisierung der Schieneninfrastruktur ist ein langfristiges Projekt, das bis 2030 und darüber hinaus andauern wird. Doch die getroffenen Maßnahmen legen den Grundstein für ein leistungsfähiges, zuverlässiges und umweltfreundliches Bahnsystem in Deutschland.