Hochgeschwindigkeitszüge (HSZ) haben sich in den letzten Jahrzehnten weltweit etabliert und verbinden heute viele Metropolen Europas und der Welt in verkürzten Reisezeiten. Insgesamt sind über 65.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecken in mehr als zwanzig Ländern in Betrieb. Die Hochgeschwindigkeitsbahn gilt heute als Schlüssel zur nachhaltigen und effizienten Mobilität. Weltweit entstehen moderne Strecken, innovative Zugtypen und intelligente Technologien, die den Bahnverkehr schneller, sicherer und umweltfreundlicher machen. Europa und Asien zählen zu den Vorreitern dieser Entwicklung.
Typen von Hochgeschwindigkeitszügen
Den mit Abstand größten Anteil daran hat China: Das chinesische Netz erreichte im September 2024 bereits rund 46.000 km – über 70 % der weltweiten Schnellfahrstrecken. Zum Vergleich: Das gesamte europäische Hochgeschwindigkeitsnetz umfasst (Stand 2024) etwa 11.000–12.000 km; Spitzenreiter ist Spanien mit 4.168 km und damit dem größten Hochgeschwindigkeitsnetz in Europa (weltweit Rang 2 hinter China). In Spanien verbinden sternförmig von Madrid ausgehende Neubaustrecken in Normalspur alle Landesteile; Ziel ist, dass jede Provinzhauptstadt Madrid in maximal vier Stunden per Zug erreichen kann. Frankreich verfügt über etwa 2.630 km Lignes à Grande Vitesse (LGV). Deutschland kommt – zählt man auch ausgebaute Bestandsstrecken ≥200 km/h mit – auf knapp 3.000 km Hochgeschwindigkeitsstrecken. Auch Japan (das bereits 1964 mit dem Shinkansen das weltweit erste HSR-Netz eröffnete) besitzt heute rund 3.000 km Schnellfahrstrecken, gefolgt von Italien, Südkorea und Türkei mit kleineren Netzen. In China wurden erst 2008 die ersten HSZ-Strecken in Betrieb genommen, doch dank massiver Investitionen entstand in weniger als zwei Jahrzehnten das längste Netz der Welt. Diese Entwicklung zeigt sich auch in den Fahrgastzahlen: Bereits 2011 überholte China mit 370 Millionen Passagieren die jährliche Shinkansen-Nutzung Japans – ein Wert, der seitdem weiter gewachsen ist.
In Europa konzentrieren sich Hochgeschwindigkeitsstrecken oft auf Hauptkorridore zwischen Großstädten. Beispiele sind Paris–Lyon in Frankreich, Mailand–Rom in Italien oder Köln–Frankfurt in Deutschland. Die Schnellfahrstrecken verlaufen meist auf Neubaustrecken abseits der alten Trassen, um höhere Geschwindigkeiten bis 300 km/h und mehr zu ermöglichen, während einige Ausbaustrecken des Bestandsnetzes auf 200–250 km/h ertüchtigt wurden (etwa Hannover–Berlin in Deutschland). Internationale Verbindungen spielen eine wichtige Rolle: So verkehren Züge wie der Eurostar seit 1994 durch den Kanaltunnel zwischen London und Paris/Brüssel, oder der Thalys (heute in die Eurostar-Gruppe integriert) zwischen Paris, Brüssel, Amsterdam und Köln. Neuere grenzüberschreitende Angebote sind z. B. direkte TGV-/ICE-Verbindungen Paris–Frankfurt und angekündigte Schnellzüge Paris–Berlin, die ab 2024 ohne Umstieg verkehren sollen. Auch zwischen Madrid und Frankreich startete 2023 ein erweitertes Angebot: private Anbieter wie Iryo (Spanien) und Trenitalia (Italien, unter der Marke Frecciarossa) treten grenzüberschreitend auf den Plan. Außerhalb Europas entstehen ebenfalls neue Hochgeschwindigkeitskorridore: China hat 2021 mit Laos die erste grenzüberschreitende HSR-Verbindung Asiens in Betrieb genommen, und in Ländern wie Indien, Saudi-Arabien und USA befinden sich Hochgeschwindigkeitsprojekte im Bau oder in Planung. In den USA gibt es bislang nur den Acela-Express im Nordostkorridor (bis ~240 km/h) – echte Hochgeschwindigkeitszüge mit >250 km/h sollen dort erst mit neuen Zügen in Kürze eingeführt werden. Insgesamt bleibt Europa neben Asien jedoch führend bei der HSR-Nutzung: So beförderte das französische TGV-Netz 2023 über 122 Millionen Passagiere und Spanien verzeichnete 2022 dank Netzausbau und neuen Betreibern 23,7 Millionen Hochgeschwindigkeits-Passagiere (ein Plus von 76 % gegenüber 2021).
Die derzeit in Betrieb befindlichen Hochgeschwindigkeitszüge lassen sich in verschiedene Baureihen und nationale Systeme einteilen. Zu den bekanntesten Typen in Europa gehört der deutsche ICE (InterCityExpress). Die neueste Generation ICE 3neo erreicht eine Spitze von 320 km/h und ist damit einer der schnellsten Züge der Deutschen Bahn. ICE-Züge verbinden u. a. alle großen deutschen Metropolen sowie grenzüberschreitend Ziele in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und Österreich. In Frankreich verkehren seit 1981 die TGV-Züge (Train à Grande Vitesse), die heute auf den meisten LGV-Strecken bis zu 320 km/h schnell fahren. Eine modifizierte TGV-Garnitur stellte 2007 den bis heute gültigen Geschwindigkeits-Weltrekord für konventionelle Züge auf: 574,8 km/h auf einer LGV-Strecke. Frankreich exportierte die TGV-Technologie auch ins Ausland – z. B. für die KTX-Hochgeschwindigkeitszüge in Südkorea und für Marokkos Al-Boraq-Züge (TGV Euroduplex), die 2018 als erste Afrikas in Betrieb gingen und bis 320 km/h erreichen.
Auch Japan hat zahlreiche Zugbaureihen im Einsatz: Der Shinkansen-Flaggschiffzug N700S erreicht 300 km/h, die neueren Baureihen E5/H5 auf der Tōhoku-Shinkansen sogar 320 km/h im Regelbetrieb. Japan setzte von Anfang an auf separate Hochgeschwindigkeitsstrecken in Normalspur und kann auf eine beeindruckende Betriebssicherheit verweisen – seit 1964 gab es (abgesehen von Erdbebenereignissen) keine fatalen Unfälle im Shinkansen-System. China hat innerhalb kurzer Zeit eigene Zugfamilien entwickelt, die an der Weltspitze stehen. Die neueste Generation, genannt Fuxing (z. B. Baureihe CR400AF), verkehrt im Regelbetrieb mit 350 km/h und ist für 400 km/h ausgelegt. Bereits 2016 fuhren Prototypen dieser Züge in Tests 420 km/h schnell. Damit verfügen die Fuxing-Züge – neben Japans und Frankreichs Spitzenmodellen – über die höchste Reisegeschwindigkeit aller Rad-Schiene-Züge weltweit. China setzt diese Züge nicht nur im eigenen Netz ein, sondern exportierte sie z. B. für die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke Jakarta–Bandung in Indonesien.
Weitere wichtige Zugtypen sind der italienische Frecciarossa 1000 (ETR 400), der in Italien und Spanien eingesetzt wird (bis 300–350 km/h, technisch für 360 km/h ausgelegt), sowie Spaniens neue Talgo AVRIL-Züge, die ab 2024 eine Höchstgeschwindigkeit von 330 km/h mit spurerweiterungsfähigen Achsen kombinieren. In Großbritannien kommen auf der High-Speed 1 bisher modifizierte französische Züge (Eurostar e300/e320) zum Einsatz, während für das im Bau befindliche High-Speed-2-Netz neue bis zu 360 km/h schnelle Züge von Alstom geplant sind. Darüber hinaus existieren Spezialfälle wie der spanische Talgo 250 oder der schwedische X2000, die Neigetechnik-Züge für bis zu ~250 km/h darstellen und auf kurvenreichen Bestandsstrecken zum Einsatz kommen. In den USA wird ab 2024 der neue Amtrak Avelia Liberty (von Alstom) erwartet, um erstmals echte Hochgeschwindigkeit auf nordamerikanischem Boden zu ermöglichen (geplant ca. 300 km/h). Insgesamt sind moderne Hochgeschwindigkeitszüge häufig Triebzüge mit verteiltem Antrieb (ohne separate Lokomotive), um bessere Beschleunigung und Redundanz zu bieten. Sie verfügen über leistungsstarke Elektromotoren (oft 8–16 MW Gesamtleistung) und sind aerodynamisch optimiert – z. B. besitzen Shinkansen- oder TGV-Züge langgezogene, stromlinienförmige Bugpartien, um Luftwiderstand und Tunnelknall zu reduzieren.
Verwendete Technologien
Um Geschwindigkeiten jenseits 200 km/h sicher und effizient zu beherrschen, kommen bei Hochgeschwindigkeitsbahnen zahlreiche technische Innovationen zum Einsatz. Magnetschwebebahnen stellen eine alternative Technologie zum Rad-Schiene-System dar: Hierbei schweben Züge mittels elektromagnetischer Levitation über der Fahrbahn, wodurch Reibungsverluste entfallen. Der bekannteste Vertreter ist der Transrapid in Shanghai – seit 2004 verbindet er die Stadt mit dem Flughafen Pudong. Mit einer kommerziellen Betriebsgeschwindigkeit von 431 km/h ist er der schnellste planmäßig verkehrende Zug der Welt. Die 30 km lange Strecke wird in nur 7,5 Minuten bewältigt. Allerdings blieb dies vorerst ein Einzelfall: Weitere Transrapid-Projekte (etwa in Deutschland) scheiterten aus Kosten- und Akzeptanzgründen. In Japan befindet sich jedoch der SCMaglev im Bau, eine Magnetschwebebahn zwischen Tokio und Nagoya/Osaka, die ab ~2027 (verzögert eher 2030er) mit bis zu 500 km/h fahren soll. Bereits 2015 erzielte ein japanischer SCMaglev-Testzug den absoluten Geschwindigkeitsweltrekord für Schienenfahrzeuge mit 603 km/h. Magnetschwebetechnik ist also grundsätzlich in der Lage, deutlich höhere Geschwindigkeiten zu erreichen, doch erfordert sie komplett neue Infrastrukturen und ist sehr kostspielig.
Auch konventionelle Hochgeschwindigkeitszüge nutzen hochentwickelte Technologien. Fahrweg und Stromversorgung: Schnellfahrstrecken werden fast ausschließlich in Normalspur (1435 mm) ausgeführt – Ausnahmen (Russland, Finnland, Usbekistan mit Breitspur oder Japan mit Kapspur-Mini-Shinkansen) erfordern Anpassungen oder Spurwechselanlagen. Die Gleise liegen oft auf durchgehendem Schotteroberbau; in einigen Ländern (z. B. Japan, China) kommt zunehmend fester Betonoberbau zum Einsatz, der weniger Wartung erfordert. Aus Sicherheitsgründen sind Bahnübergänge an HSR-Strecken nicht zulässig – die Trassen verlaufen stattdessen über Brücken, Tunnel oder haben Unterführungen. Hochgeschwindigkeitszüge sind durchgehend elektrisch angetrieben. In Europa ergeben sich durch historisch unterschiedliche Stromsysteme technische Herausforderungen: Frankreich, Spanien und Italien nutzen auf neuen Strecken Wechselspannung 25 kV 50 Hz, während z. B. Deutschland, Österreich, Schweiz mit 15 kV 16,7 Hz fahren und ältere Netze in Italien/Spanien mit 3 kV Gleichspannung betrieben werden. Moderne grenzüberschreitende Züge (wie Eurostar oder Thalys) sind deshalb vierstromfähig und können verschiedene Fahrleitungen nutzen. Die Stromabnahme erfolgt über speziell konstruierte Hochleistungs-Pantographen, die selbst bei 300 km/h konstanten Kontakt zum Fahrdraht halten. Die Oberleitungen sind für Hochgeschwindigkeit höher abgespannt und oft in kürzeren Segmenten aufgehängt, um Schwingungen und Durchhängen des Fahrdrahts bei hoher Zugluft zu vermeiden.
Signal- und Sicherungstechnik: Konventionelle Streckensignale reichen bei hohen Geschwindigkeiten nicht aus, da ein Zug z. B. bei 300 km/h einen Bremsweg von über 3 km hat und ein Lokführer auf diese Distanz ein Signal optisch nicht mehr sicher erkennen könnte. Daher setzten alle Hochgeschwindigkeitsbahnen auf führerstandsbasierte Signalisierung und Zugbeeinflussung. In Deutschland wurden früh die linienförmige Zugbeeinflussung LZB eingeführt, in Frankreich das System TVM, in Italien SCMT/ERTMS usw., die alle Signalaspekte in den Führerstand übertragen. Heute etabliert sich in Europa der Standard ETCS (European Train Control System), der grenzüberschreitend einheitliche Sicherung erlaubt. ETCS Level 2/3 arbeitet mit kontinuierlicher Funk-Datenübertragung und Moving Block-Prinzip, was kürzere Zugfolgezeiten ermöglicht. Viele Bestandsstrecken werden derzeit auf ETCS nachgerüstet; so will z. B. Dänemark bis 2030 sein gesamtes Netz mit ETCS ausstatten, um höhere Geschwindigkeiten zu erlauben. Parallel schreitet die Automatisierung voran: 2020 nahm in China der erste fahrerlose Hochgeschwindigkeitszug seinen Dienst auf. Auf der Strecke Peking–Zhangjiakou – gebaut für die Winterspiele 2022 – absolvieren selbststeuernde Züge Fahrten bis 350 km/h, inklusive automatischem Start, Halt und Geschwindigkeitsanpassung entlang der 174 km langen Neubaustrecke. Zwar befindet sich noch Personal an Bord (für Notfälle), doch gilt dieses System als Meilenstein für künftige Automatic Train Operation im Hochgeschwindigkeitsverkehr. In Europa laufen ebenfalls Tests für automatisierte TGV-/ICE-Fahrten, allerdings ist eine breite Einführung noch Zukunftsmusik. Unabhängig vom Automationsgrad gewährleisten moderne Zugsicherungssysteme bereits heute einen sehr hohen Sicherheitsstandard – Unfälle auf echten Schnellfahrstrecken sind extrem selten, und wenn, meist auf externe Ursachen (Naturgewalten, menschliches Versagen bei Wartung) zurückzuführen.
Infrastruktur - Streckennetze, Bahnhöfe, Investitionen
Der Aufbau von Hochgeschwindigkeitsbahn-Infrastruktur erfordert enorme Investitionen und langfristige Verkehrsplanung. In Europa wird das Streckennetz stetig erweitert und modernisiert. Frankreich eröffnete zuletzt 2017 die Neubaustrecke Tours–Bordeaux (LGV Sud Europe Atlantique), die Paris mit dem Südwesten verbindet, und plant bis 2032 eine Verlängerung Bordeaux–Toulouse. Spanien hat in den letzten Jahren neue Linien nach Galicien und an die portugiesische Grenze fertiggestellt; im Baskenland entsteht die Y-Basque-Trasse. Italien schließt mit der im Bau befindlichen Strecke Brescia–Padua die Hochgeschwindigkeitsachse Turin–Venedig, während gleichzeitig Tunnelprojekte wie Lyon–Turin (Französische Alpen) und der Brenner-Basistunnel (Österreich/Italien) die Vernetzung verbessern sollen. In Deutschland sind Projekte wie die Schnellfahrstrecke Wendlingen–Ulm (eröffnet 2022) oder die Planung für München–Nürnberg, Frankfurt–Mannheim und die sogenannte Mitte-Deutschland-Verbindung Teil des Bundesschienenwegeausbauplans. Zudem verfolgt Deutschland mit dem Deutschlandtakt ein Konzept, das integrierte Taktfahrpläne auf Basis ausgebauter Knoten und Strecken vorsieht. Osteuropa holt ebenfalls auf: In Polen besteht die CMK-Strecke (Zentralbahn) für 250 km/h, und Länder wie Tschechien, Ungarn und die Baltischen Staaten haben ambitionierte HSR-Pläne (z. B. Rail Baltica von Tallinn über Riga und Vilnius nach Warschau). Im Nahen Osten sind u. a. die Haramain Railway in Saudi-Arabien (Medina–Mekka, 450 km, 300 km/h) und Projekte in Israel, Ägypten und der Türkei zu nennen, welche Hochgeschwindigkeitsverbindungen etablieren.
Bahnhöfe spielen als Knotenpunkte im HSR-Netz eine wichtige Rolle. Häufig werden bestehende Hauptbahnhöfe erweitert oder neue unterirdische Durchgangsbahnhöfe gebaut, um Hochgeschwindigkeitszüge aufzunehmen. Beispiele sind der tiefgelegene Bahnhof Berlin Hauptbahnhof (eröffnet 2006) als Kreuzungsbahnhof für Nord-Süd- und Ost-West-Verkehre oder der im Umbau befindliche Bahnhof Stuttgart 21, der die bisherige Kopfbahnhofanlage ablöst und für ICE-Verkehre optimiert wird. In vielen Städten entstanden zudem Außenbahnhöfe direkt an Neubaustrecken, z. B. Montabaur oder Limburg Süd an der Kölner–Frankfurter Linie, um Regionen abseits der Großstädte anzubinden. Große Flughäfen wie Paris-CDG, Frankfurt/Main oder London-Heathrow erhielten Bahnanschlüsse, an denen auch Hochgeschwindigkeitszüge halten – dies fördert die Intermodalität, indem z. B. innerstädtische Flüge durch Zugangebote ersetzt werden können. Die Ausstattung der Bahnhöfe reicht von verlängerten Bahnsteigen (für 400 m lange Züge) über spezielle Wartungsanlagen bis hin zu Sicherheitseinrichtungen wie Bahnsteigtüren (letzteres z. B. in einigen asiatischen HSR-Bahnhöfen üblich).
Die Finanzierung neuer Trassen und Züge erfolgt oft durch staatliche Programme, teils in Public-Private-Partnerships. Die Europäische Union unterstützt grenzüberschreitende Vorhaben im Rahmen der Trans-European Transport Networks (TEN-T). So flossen 2022 5,4 Mrd. € in 135 Verkehrsprojekte, 2023 weitere 7 Mrd. € – mit Schwerpunkt auf Schieneninfrastruktur – um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Bis 2030 soll laut EU-Plan der Hochgeschwindigkeitszugverkehr verdoppelt und bis 2050 verdreifacht werden. China investierte in den letzten 15 Jahren dreistellige Milliardenbeträge in sein HSR-Netz und plant, dieses bis 2035 auf 70.000 km auszubauen. In vielen Ländern stehen Kosten-Nutzen-Abwägungen im Raum – Hochgeschwindigkeitsstrecken erfordern hohe Baukosten (pro km oftmals zweistellige Millionenbeträge) und lange Amortisationszeiten, bieten jedoch Kapazitäts- und Umweltvorteile. Modernisierungen älterer Strecken (z. B. Aufrüstung der Signalsysteme, Kurvenbegradigungen) sind wichtige Ergänzungen, um das bestehende Netz für höhere Geschwindigkeiten fit zu machen. So werden etwa in Großbritannien auf der Great Western Main Line abschnittsweise 225 km/h ermöglicht (mit neuen Azuma-Zügen und ETCS), in Deutschland sollen ab den 2030ern zahlreiche Bestandsstrecken durch ETCS und Elektrifizierungen beschleunigt werden.
Technische Perspektiven - Geschwindigkeit, Effizienz, Energieverbrauch
Die Höchstgeschwindigkeit im planmäßigen Zugverkehr liegt derzeit meist bei 300 km/h. Einige Linien erlauben 320 km/h (z. B. LGV Est in Frankreich, Tōhoku-Shinkansen in Japan) oder 350 km/h (ausgewählte chinesische Strecken wie Peking–Shanghai). Darüber hinaus sind Steigerungen nur mit überproportionalem Aufwand und Energieverbrauch erreichbar – dies zeigen Testfahrten: In mindestens sechs Ländern (Deutschland, Frankreich, Japan, China, Spanien, Südkorea) überschritten Versuchszüge bereits die 400 km/h-Marke. Doch im regulären Betrieb haben sich ~300 km/h als praktikabel erwiesen, da höhere Geschwindigkeiten zu exponentiell steigendem Luftwiderstand und Verschleiß führen. Magnetschwebebahnen könnten zwar 500+ km/h ermöglichen, stehen aber (außer in Nischen wie Shanghai) vor wirtschaftlichen Hürden. Ein vielversprechender Ansatz zur Erhöhung der Reisegeschwindigkeit ist stattdessen die Verringerung von Zwischenhalten und Umstiegszeiten – beispielsweise durch Expressverbindungen oder Nacht-HSZ-Angebote, die Flugreisen ersetzen. So verkürzt die geplante TGV-Verbindung Paris–Berlin die Reisezeit künftig auf ~7 Stunden ohne Umstieg, und in Frankreich wurde 2023 erstmals ein Verbot von Kurzstreckenflügen umgesetzt, wenn eine gleichwertige Bahnfahrt unter 2,5 Stunden dauert.
Neben der Geschwindigkeit rücken Effizienz und Nachhaltigkeit in den Fokus. Hochgeschwindigkeitszüge gelten als energieeffizientes Verkehrsmittel: Pro Person und 100 Kilometer benötigen sie etwa 3–4 kWh elektrische Energie – das ist nur ein Bruchteil dessen, was ein Pkw oder Flugzeug pro Passagier verbraucht. Beispielsweise liegt der Verbrauch eines durchschnittlichen Elektroautos bei ca. 15–20 kWh/100 km, was pro Insasse (bei 1,5 Personen im Schnitt) über 10 kWh entspricht. Züge speisen zudem beim Bremsen Energie ins Netz zurück (Rekuperation). Durch den Einsatz von Ökostrom kann der CO₂-Fußabdruck des Hochgeschwindigkeitsverkehrs auf nahezu Null gesenkt werden. Schon heute stammen bei der Deutschen Bahn z. B. 100 % des Fernverkehr-Stroms aus erneuerbaren Quellen. Auf europäischer Ebene zeigt sich die Klimafreundlichkeit im Emissionsvergleich deutlich: Der gesamte Schienenverkehr verursacht nur 0,4 % der Verkehrstreibhausgase in der EU, während Straßenverkehr ~72 % und Luftfahrt ~13 % ausmachen. Eine Verlagerung von Flug- auf Bahnreisen (insbesondere auf Distanzen bis ~800 km) gilt daher als wichtige Maßnahme zur Emissionsreduktion.
Auch Betriebseffizienz und Auslastung sind relevante Faktoren. Hochgeschwindigkeitszüge können sehr viele Reisende transportieren – ein einzelner Doppelstock-TGV fasst über 1000 Passagiere. Bei dichter Zugfolge (in Japan bis zu 16 Züge/Stunde) entsprechen die Kapazitäten pro Richtung denen mehrspuriger Autobahnen oder zahlreicher Kurzstreckenflüge, jedoch mit weit geringerem Flächenverbrauch. Die Fahrzeitgewinne moderner Strecken steigern zudem die Attraktivität der Bahn: Studien zeigen, dass schon eine Verkürzung um 30 Minuten massive Nachfragesteigerungen bewirken kann. Allerdings steigt mit höheren Geschwindigkeiten der Energiebedarf deutlich an – eine Erhöhung von 250 auf 300 km/h erfordert rund 20–30 % mehr Traktionsleistung, 350 km/h nochmals deutlich mehr. Deshalb optimiert man Züge aerodynamisch (glatte Übergänge, verkleidete Drehgestelle, lange Bugnasen) und gewichtssparend (Leichtbau-Materialien, Wegfall von Lokomotiven zugunsten verteilter Traktion). Die Zukunftsperspektiven der Schnellbahn liegen in einer ausgewogenen Balance aus Tempo, Effizienz und Kapazität: Während Extremprojekte wie Hyperloop (Vakuumröhrenzüge) noch hypothetisch sind, konzentrieren sich Verkehrsplaner auf praktikable Schritte – etwa digitale Zugsteuerung für dichteren Takt, grüne Energieversorgung für klimaneutrale Fahrten und den Ausbau eines paneuropäischen Hochgeschwindigkeitsnetzes. So könnte die Bahn viele innereuropäische Flüge ersetzen und zugleich neue Reisestandards setzen: komfortabel, sicher und ökologisch verträglich. Die Vision eines mit 400 km/h durch Europa rasenden Superzugs bleibt vorerst futuristisch, doch die bisherigen Entwicklungen zeigen, dass Hochgeschwindigkeitszüge auch in Zukunft das Rückgrat nachhaltiger Mobilität bilden werden.
QUELLEN:
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Wikipedia: Schnellfahrstrecke (Stand 2024)
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Siemens Pressemitteilung (Feb. 2022): Neuer ICE 3neo – 320 km/h Top-Speed
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Wikipedia: TGV – High-Speed Rail in France
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National Geographic (10.10.2023): Europe’s new age of high-speed train travel
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TravelChinaGuide (2024): High Speed Train Worldwide
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The Guardian (09.01.2020): World’s fastest driverless bullet train launches in China
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Europäische Umweltagentur (25.03.2021): Bahn oder Flugzeug – was belastet die Umwelt weniger?
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Initiative Deutschlandtakt (2020): Hochgeschwindigkeit und Klimaschutz
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Interrail Planner Blog (12.2023): Neue Zugverbindungen in Europa 2024