Bahn sperrt Strecke Hamburg–Berlin
Bahn sperrt Strecke Hamburg–Berlin, Foto: pixabay

Ab August wird die zentrale Bahnverbindung zwischen Hamburg und Berlin für rund neun Monate vollständig gesperrt. Die Deutsche Bahn plant eine umfassende Generalsanierung. Dieses Großvorhaben betrifft rund 300 Kilometer Strecke und kostet 2,2 Milliarden Euro. Die Maßnahme trifft auf Kritik – sowohl wegen ihrer Dauer als auch wegen ihrer Struktur. Zehntausende Pendler und Schüler müssen sich auf massive Einschränkungen einstellen.

Inhaltsverzeichnis:

Arbeiten zwischen Hamburg und Berlin schon sichtbar

Bereits seit Monaten laufen vorbereitende Maßnahmen entlang der Strecke. Unter anderem wurden Bäume gefällt, Flächen geebnet, neue Baustraßen errichtet und Lärmschutzwände aufgestellt. Auch Materialien wie Schwellen, Schienen und Weichen wurden an mehreren Stellen gelagert.

Im August beginnen die Arbeiten direkt am Gleiskörper. Ziel ist ein sanierter Abschnitt, der für mindestens zehn Jahre keine Großbaustellen mehr aufweist. Allerdings wird das neue europäische Sicherungssystem ETCS nicht eingebaut – entgegen früherer Pläne. Laut Bahnsprecher Achim Stauß sei die Technik zu komplex, um sie parallel zur Sanierung umzusetzen. Der Einbau werde aber vorbereitet. Damit zeichnet sich bereits jetzt eine weitere Sperrung in den kommenden Jahren ab.

Kritische Stimmen zu Zustand und Konzept

Mehrere Bahnexperten zweifeln, ob der Zustand der Strecke wirklich eine Totalsperrung rechtfertigt. Andreas Müller-Goldenstedt von der Denkfabrik Bürgerbahn verweist auf frühere Sanierungsmaßnahmen. Seit 2020 gab es bereits drei mehrmonatige Sperrungen. Dabei wurden hunderte Kilometer Schienen und dutzende Weichen ersetzt. Auch das Signalsystem wurde 2021 erneuert.

Die Bahn nennt fehlende Umleitstellen und Langsamfahrstellen als Grund für den Eingriff. Tatsächlich existieren aber entlang der Strecke nur wenige solcher Abschnitte. Müller-Goldenstedt schlägt stattdessen eine Aufteilung der Arbeiten in drei Abschnitte vor, etwa Hamburg–Hagenow, Hagenow–Wittenberge und Wittenberge–Berlin. So hätte man den Zugverkehr teilweise aufrechterhalten können.

Bundesrechnungshof kritisiert Kosten und Planung

Der Bundesrechnungshof meldet Bedenken bezüglich Effizienz und Transparenz an. Die Kontrollbehörde vermisst eine klare Erfolgskontrolle und bemängelt, dass die Methode zur Kostensteigerung beitrage. Geplant war ursprünglich die Sanierung von 40 stark belasteten Strecken bis 2031 – dieser Zeitplan ist inzwischen fraglich.

Auch die Erfahrungen mit der Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim gelten als abschreckend. Dort sind bis heute nicht alle Arbeiten abgeschlossen. Zudem seien Bauunternehmen teilweise noch nicht bezahlt worden. Laut Müller-Goldenstedt führen gestiegene Baupreise dazu, dass ein erheblicher Teil der staatlichen Mittel verpufft.

Massive Auswirkungen auf Alltag von Pendlern

Besonders Pendler in Westmecklenburg sind von der Sperrung betroffen. Für viele, die täglich zur Arbeit nach Hamburg fahren, verlängert sich die Reisezeit drastisch. Statt 90 Minuten dauert der Weg künftig über drei Stunden – in eine Richtung. Betroffen ist auch der Schülerverkehr. Einfache Bahnfahrten von 30 Minuten werden zu anderthalbstündigen Busfahrten über Nebenstraßen. Die Bahn verspricht umfangreiche Ersatzangebote:

  • Expressbusse mit WLAN und Toiletten
  • Ein neuer Regionalexpress Schwerin–Berlin via Güstrow und Neustrelitz (Fahrzeit: 2,5 Stunden, alle 2 Stunden)
  • Mehr geschultes Personal an Bahnhöfen und Umstiegsorten

Ob das reicht, um das Vertrauen der Fahrgäste zu sichern, bleibt abzuwarten. Der Beginn der Bauarbeiten fällt mitten in die Sommerreisezeit. Damit steht die Deutsche Bahn vor einem historischen Belastungstest.

 Quelle: NDR