Die Verbindung zwischen Berlin und Paris galt lange als Symbol für umweltfreundliches Reisen quer durch Europa. Doch nun endet sie nach nur zwei Jahren. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) stellen im Dezember den Betrieb des Nachtzugs zwischen Berlin und Paris ein, weil ohne finanzielle Unterstützung aus Frankreich die Kosten nicht gedeckt werden können. Trotz guter Nachfrage bleibt die Strecke ein Verlustgeschäft.
Inhaltsverzeichnis:
- ÖBB und SNCF beenden den Nachtverkehr zwischen Berlin und Paris
- Deutsche Bahn zog sich schon 2016 zurück
- Neue Wege im Nachtzugverkehr nach Schweden
- Nachfrage nach Nachtzügen bleibt hoch
ÖBB und SNCF beenden den Nachtverkehr zwischen Berlin und Paris
Der Nachtzug zwischen der deutschen und der französischen Hauptstadt startete vor zwei Jahren mit großen Erwartungen. Nach Angaben der französischen Bahn SNCF lag die Auslastung 2024 bei rund 70 Prozent. Dennoch reicht diese Zahl nicht aus, um die hohen Betriebskosten zu decken. Die ÖBB bestätigte, dass Nachtzüge heute nur noch mit Beteiligung internationaler Partner wirtschaftlich betrieben werden können.
Nachtfahrten sind generell teurer als Tagfahrten. Personal, das in der Nacht arbeitet, verursacht höhere Kosten. Auch Schlaf- und Liegewagen sind aufwendiger in der Wartung und Herstellung als gewöhnliche Sitzwagen. Sie bieten weniger Plätze, was die Einnahmen begrenzt.
Die SNCF hat vorgerechnet, dass ein Sitzplatz im Tagesverkehr bis zu viermal verkauft werden kann, während dies im Nachtzug nur einmal möglich ist. Hinzu kommen technische Schwierigkeiten: Baustellen und nächtliche Sperrungen führen häufig zu Umleitungen und Verspätungen.
Deutsche Bahn zog sich schon 2016 zurück
Die Deutsche Bahn war früher selbst im Nachtzugverkehr aktiv, gab diesen Bereich aber 2016 vollständig auf. Der Grund: zu hohe Kosten und zu geringe Rentabilität. Damit blieb die ÖBB einer der letzten großen europäischen Anbieter von Nachtzügen. Doch auch sie kämpft mit denselben Problemen.
Nachtzüge gelten als klimafreundliche Alternative zum Flugverkehr. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass sie häufig langsamer, teurer und steuerlich benachteiligt sind. Der Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin kritisiert die ungleichen Wettbewerbsbedingungen. Während Fluggesellschaften von Steuerbefreiungen profitieren, zahlen Nachtzüge hohe Abgaben.
- Auf internationale Flugtickets fällt keine Mehrwertsteuer an.
- Kerosin bleibt steuerfrei.
- Flughafengebühren sind geringer als die Trassenpreise für Züge.
Bei Nachtzugtickets dagegen werden 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben. Auch Diesel- und Streckengebühren verteuern den Betrieb erheblich.
Neue Wege im Nachtzugverkehr nach Schweden
Nicht nur die Verbindung Berlin–Paris steht vor dem Aus. Auch der Nachtzug von Berlin nach Stockholm verliert seine staatliche Unterstützung. Die schwedische Regierung stellt die Zuschüsse ein, wodurch sich der Betrieb für die staatliche Eisenbahn nicht mehr lohnt.
Doch der private Anbieter RDC Deutschland will die Verbindung fortführen – auf eigenes Risiko. Geschäftsführer Markus Runkel erklärte, dass der Betrieb angepasst werde. Dazu gehören weniger Zwischenhalte und längere Züge mit mehr Waggons. Ziel ist eine wirtschaftlichere Nutzung der vorhandenen Kapazitäten. Das schwedische Unternehmen Snälltåget zeigt bereits, dass Nachtzugverbindungen ohne staatliche Hilfen möglich sind.
Nachfrage nach Nachtzügen bleibt hoch
Trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten bleibt das Interesse an Nachtzügen groß. Laut Andreas Knie gibt es weiterhin eine starke Nachfrage nach klimafreundlichen Reisemöglichkeiten. Viele Menschen schätzen den Komfort, über Nacht zu reisen und am Morgen ausgeruht anzukommen.
Knie sieht deshalb Chancen für eine Rückkehr der Nachtzüge, wenn sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern. Wichtig seien:
- Mehr Kapazitäten – längere Züge mit höheren Platzangeboten.
- Standardisierte Wagen – geringere Wartungskosten.
- Flexible Nutzung – Einsatz auch am Tag, um Stillstandszeiten zu vermeiden.
Diese Maßnahmen könnten das Geschäftsmodell stabilisieren und den Nachtzug langfristig konkurrenzfähiger machen.
Obwohl die Verbindung Berlin–Paris eingestellt wird, bleibt der Nachtzug für viele ein Symbol umweltbewusster Mobilität in Europa. Seine Zukunft hängt jedoch von politischen Entscheidungen und finanziellen Rahmenbedingungen ab, die bestimmen, ob das Reisen im Schlafwagen wieder an Bedeutung gewinnt.
Quelle: rbb24, YouTube