Die Deutsche Bahn verschiebt die geplante Generalsanierung stark belasteter Strecken um mehrere Jahre. Statt wie ursprünglich vorgesehen bis 2031 sollen die Arbeiten nun bis 2035 andauern. Der Vorschlag wurde bei einem Branchentreffen erstmals offiziell vorgestellt. Mehr als 40 Korridore im Fernverkehr sind betroffen. Der neue Zeitplan bringt Vorteile für Logistikunternehmen – aber auch spürbare Nachteile für Millionen Fahrgäste.
Inhaltsverzeichnis:
- Generalsanierung Frankfurt–Mannheim als Auftakt
- Kritik und neue Strategie mit Sondervermögen
- Deutlich weniger Baustellen im Jahr 2028
- Verbände fordern bessere Vorbereitung der Umleitungen
Generalsanierung Frankfurt–Mannheim als Auftakt
Im Jahr 2023 begann die Bahn mit der sogenannten Generalsanierung auf der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Im August 2024 folgt die wichtige Verbindung zwischen Hamburg und Berlin. Während der Bauzeit werden komplette Streckenabschnitte für rund sechs Monate vollständig gesperrt. Erneuert werden dabei Gleise, Weichen, Schotter, Stellwerke, Oberleitungen sowie Bahnhöfe. Ziel ist es, die betroffenen Strecken im Anschluss für mindestens fünf Jahre störungsfrei zu halten.
Die Bahn hatte ursprünglich geplant, 42 besonders anfällige Strecken bis 2031 zu modernisieren. Nun sollen die Arbeiten jedoch über einen Zeitraum von acht Jahren gestreckt werden. Hintergrund ist die Kritik von Güterverkehrsunternehmen und politischen Akteuren an der Überlastung durch zu viele gleichzeitige Bauprojekte.
Kritik und neue Strategie mit Sondervermögen
Bereits früh wurde der enge Zeitplan stark kritisiert. Logistikunternehmen beklagten Umleitungen mit erheblichen Zeitverlusten. Auch alternative Routen seien nicht ausreichend vorbereitet. Die Union forderte im Koalitionsvertrag eine Überprüfung der Strategie. Die Bahn reagiert nun und koppelt ihren neuen Vorschlag an das sogenannte Sondervermögen von 500 Milliarden Euro, mit dem der Bund Infrastrukturprojekte finanzieren will.
Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbands Die Güterbahnen, begrüßte den Schritt. Die neue Planung reduziere Überforderung bei Bau und Planung und ermögliche bessere Vorbereitung. Das Bundesverkehrsministerium kündigte an, den Vorschlag zu prüfen.
Deutlich weniger Baustellen im Jahr 2028
Ab 2027 will die Bahn weniger Strecken gleichzeitig modernisieren. Statt neun sollen im Jahr 2028 nur vier Bauprojekte umgesetzt werden. Das betrifft unter anderem folgende Verschiebungen:
- Frankfurt–Heidelberg: von 2027 auf 2030
- Lübeck–Hamburg: von 2027 auf 2028
- Würzburg–Ansbach–Treuchtlingen: neu 2029
- Aachen–Köln: neu 2029
- Forbach–Ludwigshafen: neu 2029
- Minden–Wunstorf: neu 2034
- Weddel–Magdeburg: neu 2032
- Flensburg–Hamburg: neu 2035
Die letzte Generalsanierung würde demnach erst in zehn Jahren stattfinden. Für Reisende bedeutet dies jahrelange Einschränkungen. Besonders auf Strecken, deren Modernisierung sich um mehrere Jahre verzögert, sind weiterhin Ausfälle und Notbaustellen zu erwarten.
Verbände fordern bessere Vorbereitung der Umleitungen
Der Interessenverband Allianz pro Schiene sieht trotz der Verzögerung auch Chancen. Wenn die zusätzliche Zeit genutzt wird, um Umleitungsstrecken auszubauen, könnten Engpässe verringert werden. So ließe sich die Stabilität im Bahnverkehr verbessern. Entscheidend sei, dass die Bahn die neuen Spielräume sinnvoll nutzt und die Koordination der Arbeiten verbessert.
Für Millionen Pendler und Reisende bleibt das jedoch ein schwacher Trost. Die Verschiebung bedeutet faktisch vier weitere Jahre mit häufigen Verspätungen, Streckensperrungen und eingeschränktem Betrieb. Ob die Vorteile langfristig überwiegen, hängt nun maßgeblich von der Umsetzung des neuen Zeitplans ab.
Quelle: Zeit Online